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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 19.12.2002
Aktenzeichen: 5 W 101/02
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 3
1. Wirbt ein Unternehmen unter Hinweis auf einen anderen (höheren) Preis für dasselbe Produkt mit der Aussage "bei uns nur ....", so liegt darin ohne das Hinzutreten weiterer Umstände aus Sicht des Verkehrs im Regelfall nicht eine Bezugnahme auf den eigenen Altpreis des Werbenden.

2. Der angreifende Wettbewerber hat den behaupteten Rechtsverstoß deshalb nach allgemeinen Grundsätzen darzulegen und zu beweisen. Die für die Preisgegenüberstellung mit eigenen (durchgestrichenen) Altpreisen entwickelten Begünstigungen der Darlegungs- und Beweislastverteilung unter Billigkeitsgesichtspunkten kommen ihm nicht zugute.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluss

5 W 101/02

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, am 19. Dezember 2002 durch die Richter Gärtner, Rieger, Dr. Koch

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 01.11.2002 gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 29.10.2002 wird zurückgewiesen.

Die Kosten ihres erfolglos eingelegten Rechtsmittels trägt die Antragstellerin.

Der Beschwerdewert entspricht der Summe der in erster Instanz aufgelaufenen Kosten.

Gründe:

Die zulässige sofortige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet und deshalb zurückzuweisen. Das Landgericht hat der Antragstellerin zu Recht im Rahmen seiner Ermessensentscheidung gem. § 91a ZPO die gesamten Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Ermessensfehler sind auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens der Antragstellerin nicht ersichtlich. Ergänzend weist der Senat auf Folgendes hin:

1. Für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits kann offen bleiben, ob das Unterlassungsbegehren bereits unzulässig ist. Es ist jedenfalls unbegründet. Der Gesetzeszweck des § 13 Abs. 5 UWG, Betroffene und Gerichte vor der Belastung durch missbräuchliche Unterlassungsansprüche zu schützen, würde in sein Gegenteil verkehrt, wenn die Voraussetzungen dieser Vorschrift auch dann - gegebenenfalls unter aufwändiger Erhebung von Beweisen - geprüft werden müssten, wenn bereits die Rechtsprüfung ergibt, dass der Verfügungsantrag - wäre das erledigende Ereignis nicht eingetreten - als unbegründet abzuweisen gewesen wäre. Schutzwürdige Interessen der Parteien und der Allgemeinheit werden hierdurch nicht verletzt. Deshalb kann der Senat die Frage des Rechtsmissbrauchs dahin stehen lassen, obwohl sie eine Frage der Zulässigkeit des Verfügungsantrags betrifft (BGH GRUR 99, 508, 510 - Vorratslücken).

2. Mit der angegriffenen Werbung hat die Antragsgegnerin nicht gegen § 3 UWG verstoßen. Zumindest ist die Antragstellerin für die Voraussetzungen eines derartigen Verstoßes darlegungsfällig geblieben, so dass der Verfügungsantrag ohne Eintritt des erledigenden Ereignisses abzuweisen gewesen wäre.

a. Die Werbung mit Preisherabsetzungen - sei es in Form der Gegenüberstellung der eigenen Alt- und Neupreise oder in sonstiger Weise - ist wettbewerbsrechtlich grundsätzlich zulässig (BGH WRP 00, 386, 388 - Preisknaller). Sie kann sich jedoch dann als irreführend erweisen, wenn der frühere höhere Altpreis nicht, nicht ernsthaft, insbesondere nicht über einen längeren Zeitraum, oder nicht in letzter Zeit verlangt worden war oder wenn überhöhte Preise angesetzt worden waren, um eine Preissenkung vortäuschen zu können, oder wenn sonst über das Ausmaß der Preissenkung irregeführt wird. Dies ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Werbung mit durchgestrichenen höheren Altpreisen anerkannt (BGH WRP 00, 386, 388 - Preisknaller; BGH GRUR 99, 508, 508 - Teppichpreiswerbung; BGH GRUR 75, 78, 79 - Preisgegenüberstellung). Hierauf hat die Antragstellerin zutreffend hingewiesen.

b. Die Voraussetzungen eines solchen Rechtsverstoßes sind nach allgemeinen Grundsätzen von der Antragstellerin darzulegen und zu beweisen. Dies ist im vorliegenden Fall trotz entsprechender Hinweise von Gericht und Gegner noch nicht einmal in Ansätzen geschehen, so dass der Verfügungsantrag bereits aus diesem Grund keinen Erfolg haben konnte. Zwar ist in der Rechtsprechung des BGH - im Anschluss an die "Bärenfang" Entscheidung (BGH GRUR 63, 270, 271 - Bärenfang) - ebenfalls anerkannt, dass es in Fällen der Preisgegenüberstellung mit eigenen (durchgestrichenen) Altpreisen des Werbenden um Umstände geht, hinsichtlich derer der angreifende Wettbewerber vollständig außerhalb des Geschehensablaufs steht, so dass abweichend vom Regelfall unter Billigkeitsgesichtspunkten eine Darlegungs- und Beweislastverteilung zu Lasten des Verletzers gerechtfertigt ist (BGH GRUR 75, 78, 79 - Preisgegenüberstellung). Eine solche Situation liegt im vorliegenden Fall jedoch entgegen der Auffassung der Antragstellerin gerade nicht vor. Zumindest hat sie dies nicht hinreichend glaubhaft gemacht.

c. Nach dem Wortlaut des angegriffenen Internet-Auftritts der Antragsgegnerin (Anlage JS1) bleibt für die angesprochenen Verkehrskreise offen, welche konkreten Preise sie ihren herausgestellt beworbenen Sonderangeboten gegenüberstellt. Nach dem Gesamteindruck der Anzeige, insbesondere dem Wortlaut der Anpreisung, hat der Verkehr entgegen der Auffassung der Antragstellerin keine hinreichende Veranlassung zu der Annahme, die Antragsgegnerin stelle ihren aktuellen Sonderangeboten ihre eigenen (früheren) Altpreise gegenüber. Hierfür fehlt es an tragfähigen Anhaltspunkten. Weder sind die Altpreise - wie dies in den von der Antragstellerin zitierten BGH-Entscheidungen stets der Fall war - durchgestrichen und deshalb als "entwertet" gekennzeichnet, noch weisen Formulierungen wie "früher... jetzt nur" auf einen Zeitfaktor bei der Forderung der unterschiedlichen Preise hin. Vielmehr legt die verwendete Formulierung "bei uns nur" (Unterstreichung nicht im Original) dem Verkehr im Zusammenhang mit der Preisgegenüberstellung gerade die gegenteilige Vermutung nahe, nämliche die Annahme, die Antragsgegnerin wolle sich hiermit gegenüber ihren Wettbewerbern abgrenzen und als günstigen Anbieter anpreisen. Den genannten höheren Preis bezieht der Verkehr deshalb naheliegend auf den am Markt von Wettbewerbern für das beworbene Produkt verlangten, "üblichen" (möglicherweise sogar vom Hersteller empfohlenen) Preis, dem die Antragsgegnerin ihren eigenen, niedrigen Preis entgegensetzt. Andernfalls bliebe die konkrete Werbung mit der Formulierung "bei uns nur" ohne irgendeinen Hinweis auf die früheren eigenen Preise (Durchstreichung usw.) letztlich unverständlich. In einem derartigen Fall des Vergleichs mit Drittangeboten liegen die Voraussetzungen für die vom BGH aufgestellten Grundsätze für eine Umkehr der Darlegungs- und Beweislast erkennbar nicht vor. Tragfähige Anhaltspunkte, aus denen sich ein abweichendes Verständnis nicht unerheblicher Teile der angesprochenen Verkehrskreise rechtfertigen ließe, hat die Antragstellerin nicht vorgetragen.

d. Auch die von der Antragsgegnerin abgegebene Unterlassungserklärung bedeutet kein Anerkenntnis eines Rechtsverstoßes gegen sich selbst. Dies hat die Antragsgegnerin bereits bei der Abgabe der Erklärung deutlich gemacht. Der Umstand, dass die Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 03.01.2002 selbst auf die Rechtsprechung bei der Gegenüberstellung neuer Niedrigpreise gegenüber alten höheren Preisen des Wettbewerbers Bezug genommen hat, rechtfertigt ebenfalls nicht die Annahme, sie habe hiermit die von der Antragstellerin behauptete Wettbewerbssituation unstreitig gestellt. Der Senat versteht diese Darlegung ausschließlich als Rechtsausführungen zur Anspruchsabwehr auf der Grundlage der Behauptungen der Antragstellerin.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Ende der Entscheidung

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